„So, jetzt steht mir die Welt offen!“
Der Weg einer ASO-Schülerin zur Lehrerin.
Sie sind sich begegnet vor fast 30 Jahren - Elisabeth Wolschlager als Sonderschülerin und Ingrid Köberl als ihre Lehrerin. Heute ist die ehemalige Sonderschülerin selbst Lehrerin.
Die beiden Kolleginnen führen folgendes Gespräch:
I: Liebe Elisabeth, ich habe dich 1988/89 an der ASO 1 in Linz in der 8. Schulstufe ein Jahr lang unterrichtet - du warst damals 14 Jahre alt und eine sehr intelligente Schülerin und ich in meinem siebten Dienstjahr. Erinnerst du dich daran?
E: Ich muss mich da wieder ein bissl hineinversetzen in die Zeit, als ich in der Sonderschule war - eine sehr schöne Zeit für mich.
I: Ehrlich? Kannst du beschreiben, weshalb du sie in schöner Erinnerung hast?
E: Ja wirklich, denn da habe ich gewusst: „Ok, da bin ich wer!“ Meine ersten zweieinhalb Schuljahre war ich bei den Kreuzschwestern, meine Mutter hat sich diese Schule für mich eingebildet. Das wissen ja die wenigsten Leute, dass diese Zeit die schrecklichste meines Lebens gewesen ist. Ich war die soziale Außenseiterin - ich komme aus der Unterschicht. Ich war immer die Böse, hab' Strafen bekommen, bin geschlagen worden, habe nichts zu Essen bekommen den ganzen Tag, bin im dunklen Kammerl gesessen. Ich habe nicht lesen können, weil sich keiner mit mir beschäftigt hat – auch zuhause nicht.
Ich wollte schon nicht mehr in die Schule gehen, habe Krankheiten vorgetäuscht. Ich bin gedemütigt worden, warum ich das nicht habe und jenes nicht lesen kann. Die haben mit mir nicht umgehen können, das war eine Eliteschule. Bis ich dann völlig ausgezuckt bin und durchgedreht habe, Mitschüler verprügelt oder Sachen versteckt habe oder mich auf die Krankenstation gelegt habe, weil ich nicht mehr konnte. Dann ist das mit der Sonderschule spruchreif geworden. Ich kann heute noch nicht bei dem Schulgebäude der Kreuzschwestern vorbei fahren, ohne dass mir schlecht wird.
Ich bin dann in die ASO 1 in die Klasse von Elisabeth Dirnberger gekommen und ich weiß noch, dass ich schon am ersten Tag gedacht habe: "Ja, da bin ich zuhause, da gehöre ich her!" Ich habe mich so wohl gefühlt. Auf einmal war ich wer. Auf einmal hab ich mich nicht mehr auf ein Extrabankerl setzen müssen ganz hinten in der Ecke und war nicht mehr ausgeschlossen von allem.
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